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Die Märkte haben verhalten auf die jüngste Einigung im Handelsstreit zwischen den USA und der EU reagiert. Mit einem Zollsatz von 15 % auf die meisten europäischen Waren scheinen die USA der kurzfristige Gewinner zu sein. Unserer Ansicht nach gleichen die positiven Auswirkungen des Wegfalls der Handelsunsicherheit die negativen Auswirkungen der höheren Zölle jedoch mehr als aus. Unter dem Strich führt die Einigung zu einem etwas besseren Ausblick für Wachstum und Investitionen in Europa.
Aus Sicht globaler Investoren reduziert der Zolldeal die unkalkulierbaren geopolitischen Risiken, sorgt für mehr Planungssicherheit in Schlüsselsektoren und ebnet den Weg für ein stabileres wirtschaftliches Umfeld im Euroraum. In einer Zeit, in der die geldpolitische Divergenz und die Fiskalpolitik weiterhin im Fokus stehen, ist dies besonders relevant.
Zoll-Schlagzeilen überlagern positive Weichenstellung
Der Basiszollsatz von 15 % auf die meisten europäischen Exporte in die USA — der über der Basisannahme der Europäischen Zentralbank von 10 % liegt — könnte einen moderaten negativen Effekt von minus 0,1 % bis 0,2 % auf das BIP im Euroraum haben. Der Zolldeal hat aber auch einen bedeutenden positiven Effekt: mehr Planungssicherheit für Unternehmen.
Die Vereinbarung umfasst eine Vielzahl von Sektoren wie die Automobilwirtschaft, die Pharmaindustrie und die Halbleiterbranche. Nur für Metalle gelten weiterhin höhere Zollsätze. Mit der Einigung entfällt eine bedeutende Quelle der Unsicherheit, insbesondere vor dem Hintergrund der sich verändernden politischen Landschaft in den USA. Auch wenn viele Details noch geklärt werden müssen, haben die europäischen Exportunternehmen jetzt mehr Klarheit. Das sollte die Investitionsplanung erleichtern und den Anstoß für die Realisierung aufgeschobener Investitionen und Anpassungen in den Lieferketten geben.
Unterschiedliche kurzfristige Auswirkungen, längerfristige Klarheit
- Kurzfristig dürften die Mehrbelastungen für die Automobilwirtschaft und die Pharmaindustrie besonders hoch sein, vor allem für Unternehmen, für die die USA ein wichtiger Absatzmarkt sind. Allerdings könnten die robuste Nachfrage in Europa, preisliche Flexibilität und ein klarerer Regulierungsrahmen die langfristigen Risiken mindern.
- Als strategisch wichtiger Sektor profitiert auch die europäische Halbleiterbranche von der Einbeziehung in den einheitlichen Basiszollsatz, was zu Investitionen in neue Kapazitäten sowie Forschung und Entwicklung führen könnte.
- Metalle bleiben ein Risikofaktor. Der ungelöste Streit über Zölle auf Stahl und Aluminium könnte zu einer anhaltenden Volatilität bei europäischen Industriewerten führen, solange die Verhandlungen andauern.
Wichtige Details bleiben unklar, zum Beispiel, wie die Zusagen der EU, die Energieimporte aus den USA zu erhöhen und mehr Investitionen in den USA zu tätigen, in der Praxis umgesetzt werden sollen. Für den Rest des Jahres 2025 sollte die durch den Zolldeal hergestellte Planungssicherheit jedoch zu einem wieder größeren Geschäftsvertrauen führen.
Makroökonomischer und politischer Ausblick: Rückkehr zur Stabilität im Euroraum
Das Handelsabkommen bestärkt uns in unserer positiven Einschätzung der Stabilität des Euroraums. Das Drohszenario einer Eskalation des Handelsstreits ist abgewendet worden. Das stärkt das Vertrauen der Unternehmen und das Wachstum in einer Zeit, in der Regierungen in allen Teilen der Region auf eine expansivere Fiskalpolitik umschwenken.
Ein wichtiger Aspekt ist auch, dass die EZB dadurch weniger unter Druck steht, ihre Geldpolitik weiter zu lockern. Die Märkte haben ihre Erwartungen an weitere Zinssenkungen bereits zurückgeschraubt. Wir rechnen weiterhin mit einem Endzinssatz von 2 % und stabilen Zinsen bis Ende 2025. Die Dienstleistungsinflation ist mit über 3 % weiterhin relativ hoch und die staatlichen Finanzierungspakete für Investitionen in Infrastruktur, Energiewende und Verteidigung kommen zunehmend zum Tragen.
Wir erwarten, dass sich die Rendite der zehnjährigen deutschen Bundesanleihe in Richtung 3 % bewegen wird, da die Rezessionsängste nachlassen und die Märkte stattdessen ein moderates Wachstum bei einer anhaltenden Inflationsdynamik einpreisen dürften.
Chancen an den europäischen Devisen- und Kreditmärkten
Der EUR/USD-Wechselkurs wird sich kurzfristig voraussichtlich in einer engen Spanne bewegen, wobei die US-Konjunkturdaten weitgehend die Richtung bestimmen dürften. Unser mittelfristiger Ausblick bleibt jedoch konstruktiv. Positiv werten wir vor allem das gestiegene Vertrauen in die Umsetzung fiskalischer Stimulusmaßnahmen im Euroraum, die im Vergleich der weltweiten Zentralbanken stabile Geldpolitik der EZB und das Potenzial für weitere internationale Kapitalzuflüsse in die europäischen Märkte.
An den Kreditmärkten halten wir europäische Investment-Grade-Anleihen auf der Grundlage ihrer relativen Bewertung und niedrigeren Verschuldungskennzahlen sowie der jetzt größeren politischen Klarheit für attraktiver als vergleichbare US-Anleihen. Im Fokus stehen weiterhin europäische Banken sowie die Sektoren Versorgung, Verteidigung und Konsumgüter. Banken profitieren von stabilen Zinsen, einer soliden Eigenkapitalausstattung und robusten Margen, Versorgungs- und Verteidigungsunternehmen von höheren Staatsausgaben und der Infrastrukturnachfrage und Konsumgüterhersteller von einem anhaltend robusten inländischen Konsum, der den moderaten Druck durch höhere Zölle abfedert.
Wir bleiben neutral in Bezug auf die Duration und setzen auf ausgewählte Positionen in Staatsanleihen aus Euro-Peripherieländern, die eine attraktive Verzinsung bei einer Verbesserung der Verschuldungskennzahlen bieten.
Zolleinigung stärkt Europas Resilienz
Während die Märkte vor allem auf die Höhe der Zollsätze blicken, stärkt die Verringerung des Handelsrisikos die Anlagethese für den Euroraum. Eine größere Klarheit, Planungssicherheit, politische Stabilität und fiskalische Unterstützung schaffen ein konstruktiveres Umfeld für Investitionen in europäische Vermögenswerte, vor allem an den Kredit- und Devisenmärkten.
Globale Investoren, die Diversifikation und regelmäßige Erträge anstreben, können sich mit Allokationen in europäische Fixed-Income-Anlagen und den Euro gut positionieren, um von diesem neuen makroökonomischen Umfeld und der veränderten Handelsdynamik zu profitieren.
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